IV Zeichnung Gold

lasse erklingen, was in dir ist
und teile es mit anderen Menschen

Ob sprechend oder singend – unsere Stimme ist immer verbunden mit unserer inneren Verfassung und lässt diese hörbar werden.
Umgekehrt können wir über die Stimme unser Inneres direkt erreichen und durch den Klang damit arbeiten.
Da wir über die Stimme unsere Gefühle und Themen so leicht in Bewegung bringen und sie mit anderen Menschen teilen können, ist Ursang für viele Menschen sehr befreiend, berührend und beglückend.

Ursang ist aber nicht nur ein persönlicher Prozess, sondern immer auch eingebettet in Gruppengesänge, wie sie in der Menschheit seit alters her existieren. Dabei ahmen wir keine überlieferten Gesänge nach, sondern es bilden sich eigene Gesänge und Stimm-Rituale aus der Gruppe, die im Moment zusammen ist.

Klangfeldprozess

Durch das erklingen-lassen der eigenen Stimme, bilden sich Klangfelder. Diese sind sowohl innerhalb des Körper als auch im Umraum wahrnehmbar. Diese Klangfelder sind tönende Erfahrungsräume, welche in einen unmittelbaren Kontakt mit dem eigenen Innenleben bringen. Körperwahrnehmungen, Bilder, Gefühle, Gedanken und Handlungen werden Teil dieses Prozesses.

Ursprünglichkeit und Rituale

Durch ein Aufspüren und Zulassen der Klänge, Melodien, Gesänge und Rhythmen, die sich im Innenraum bilden, entstehen wiederkehrende Motive die mit der eigenen Person so unmittelbar verbunden sind, dass sich häufig eine befreiende, heilsame und kraftvolle Wirkung einstellt.
Diese sich wiederholenden Gesänge nenne ich Stimmrituale. Einmal gefunden, können sie auch alleine regelmässig aufgesucht werden um sich mit der eigenen Quelle zu verbinden.

Synchronität und Musikalität

Ein besonderes Merkmal dieser Stimmarbeit ist der förderliche Einfluss anderer Stimmen im Umraum für die Verbindung mit der eigenen Innenwelt. Anders gesagt: Der Klang anderer Teilnehmer beschleunigt und unterstützt oft die eigenen Prozesse anstatt sie zu behindern. Nicht selten bilden die verschiedenen Stimmen ein Musikstück, welches wie von unsichtbarer Hand dirigiert wird. Meine Wahrnehmung dieser Phänomene ist, dass wir auf einer unterbewussten Ebene bereits in einer Klangwelt verbunden sind und uns darin besser auszukennen scheinen, als wir wissen.

Poetisch ausgedrückt

Klang ist eine tiefe Welt. Der Stimmklang ein eigenes Wesen.
Eine Reise in die Innenwelt. Eine Reise durch den Körper.
Alles, was da ist, verwandelt sich in Klang.
Das Bewusstsein verändert sich. Eigene Gesänge und Worte entstehen.
Ein Schöpfungsakt. Transformierend, heilsam und verbindend.

Von den Mbuti-Pygmäen in Afrika ist folgende Tradition überliefert

Wenn eine Frau schwanger ist, geht sie mit anderen Frauen des Dorfes an einen abgelegenen Ort in der Natur. Dort beten, meditieren und lauschen sie so lange, bis sie das Lied des ungeborenen Kindes hören. Sobald sie es wahrnehmen, beginnen sie zu singen und wiederholen es so lange, bis alle das Lied können. Dann gehen sie zurück ins Dorf und bringen es zuerst dem werdenden Vater und dann allen anderen Dorfbewohnern bei. Nach der Geburt des Kindes versammeln sich alle Dorfbewohner um das Neugeborene und heißen es mit seinem Lied auf der Erde willkommen. In dem weiteren Leben dieses Menschen erklingt es immer wieder: bei Initiationen, Verlusten, Festen, Verfehlungen usw., wird dieses Lied erneut für diesen Menschen gesungen. Am Ende seines Lebens versammeln sich alle um ihn und singen zum Abschied sein Lied.